D-BNba, NE 375 (Beethoven to Heinrich von Struve)

From Young Beethoven
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Vienna, 17 September 1795


Beethoven-Haus Bonn, NE 375 – Scan at Digitales Beethoven-Haus

Transcription

[1r]
Wien den 17ten Septembr.
Lieber! daß du
mir hieher geschrie-
ben hast, hat mich
unendlich gefreut da
ich mir's nicht ver-
muthete. du bist
also jezt in dem
Kalten Lande
wo die Menscheit
noch so sehr unter
ihrer Würde behandelt
wird, ich weiß ge-
wiß, daß dir da
manches begegnen
wird, was wider
deine Denkungs-
Art, dein Herz, und
überhaupt wider dein

[1v]
ganzes Gefühl ist.
wann wird auch der
Zeitpunkt kommen
wo es nur Menschen
geben wird, wir werden
wohl diesen Glücklichen
Zeitpunkt nur an
einigen Orten heran
nahen sehen, aber
allgemein - das
werden wir nicht sehen,
da werden wohl
noch JahrHunderte
vorübergehen.
den Schmerz, den
dir der Tod deiner
Mutter verursacht
hat, habe ich auch sehr

[2r]
gut fühlen können,
da ich fast zweimal
in dem nemlichen fall
bey dem Tode meiner
Mutter und meines
vaters gewesen bin.
wahrlich, wemsollte es nicht
wehe thuen, wenn er ein
Glied aus einem so
selten anzutreffenden
Harmonischen Ganzen
wegreißen sieht –
man kann nur noch hiebey
vom Tode nicht ungünstig
reden, wenn man sich
ihn unter einem lächelnden
sanft hinüberträumenden
Bilde vorstellt, wobey der
Abtretende nur ge-
winnt. –– ich
lebe hier noch gut,
komme immer meinem
mir vorgestekten Ziele
näher, wie bald ich

[2v]
von hier gehe, kann
ich nicht bestimmen, meine
erste Ausflucht wird
nach ytalien seyn, und
dann vieleicht nach
Rußland, du könntest
mir wohl schreiben, wie
hoch die reise von hier
nach P. kömmt, weil
ich jemanden hinzuschicken
gedenke sobald als möglich.
deiner Schwester werde
ich nächstens einige Musik
von mir schicken.
Professor Stup von bonn ist auch
hier. Grüße von Wegeler und
Breuning an dich. ich bitte dich
mir ja immer zu schreiben, so
oft du kannst, laß deine
Freundschaft für mich sich
nicht durch die Entfernung
vermindern, ich bin noch immer
wie sonst dein dich liebender
Beethoven.

Translation

Vienna 17 September. Dearest! It gave me endless pleasure that you wrote me here so unexpectedly. Then now you are in that cold country where humankind is still treated so far beneath its dignity, and I know for sure that you have seen things that go against your mindset, your heart, and the very core of your feeling. When will that day come, when there will only be human beings? We will probably see this happy time draw nearer in just a few places, but everywhere – we will not live to see that, maybe not for centuries to come. The pain that your mother’s death has caused you is something that I, too, can feel deeply, since I have experienced it intensely twice, at the death of my mother and my father. Truly, who would not hurt to see one member ripped away from such a harmonious whole, of a kind rarely encountered – considering this, it isn’t a bad thing to talk of death, as long as one imagines it in smiling, gently dreamlike pictures, in which the departed only profits. — My life here is still good, I am ever closer to attaining the goals I set for myself; how soon I will leave here, I can’t determine; my first departure will be to Italy, and then maybe to Russia; perhaps you could write to me how much a journey from here to Petersburg would cost, because I am considering sending someone as soon as possible. I will soon send your sister some of my music. Professor Stup from Bonn is also here. Wegeler and Breuning send you their greetings. I ask you to please always write me as often as you can, please don’t let the distance lessen your friendship for me; I am always and ever your loving Beethoven.